Überschuldet – was nun? Verbraucherinsolvenzverfahren
Infografik Nr. 129640
Mehr als drei Millionen Haushalte in Deutschland sind überschuldet, das heißt nicht mehr in der Lage, den Zahlungsverpflichtungen für die von ihnen aufgenommenen Kredite oder sonstigen Verbindlichkeiten nachzukommen. Die Ursachen dafür liegen zum Teil im Verhalten der Schuldner, die sich von den Lockungen des Konsums und des leichten Geldes haben blenden lassen, meist aber in Ereignissen wie Arbeitslosigkeit, Krankheit und Scheidung, durch die sich ihre Einkommenssituation plötzlich verschlechtert hat. Früher war es selbst gutwilligen Schuldnern oft unmöglich, sich aus einer solchen Lage wieder zu befreien; sie blieben lebenslang ruiniert. Die Reform des Insolvenzrechts von 1999 eröffnete Verbrauchern und Kleinunternehmern dann aber erstmals die Möglichkeit, in einem geordneten Verfahren von ihren restlichen Verbindlichkeiten befreit zu werden und wirtschaftlich einen neuen Anfang zu machen. Dieses Verfahren wurde 2014 teilweise neu geregelt. Weitere Erleichterungen traten 2020 in Kraft.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren führt über mehrere Stufen: ● Zunächst muss der Schuldner versuchen, sich mit seinen Gläubigern außergerichtlich über die Regulierung seiner Schulden (z.B. durch Ratenzahlung, Stundung oder Teilerlass) zu einigen. Eine Schuldnerberatungsstelle unterstützt ihn dabei. ● Scheitert dieser Versuch, kann sich der Schuldner mit einer Bescheinigung der Erfolglosigkeit ans Amtsgericht wenden und ein Insolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung beantragen. Er legt dabei eine Aufstellung seiner Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie ein Verzeichnis seiner Gläubiger und seiner gesamten Schulden vor. Das Gericht wird zunächst noch einen Einigungsversuch unternehmen. ● Misslingt auch dieser, wird das vereinfachte Insolvenzverfahren eröffnet. In diesem Verfahren geht es darum, das Vermögen des Schuldners, soweit vorhanden, zu verwerten und auf die Gläubiger zu verteilen. ● Nach Abschluss des Verfahrens tritt der Schuldner in die Wohlverhaltensperiode ein. In dieser ist er verpflichtet, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und sein pfändbares Einkommen an einen Treuhänder abzutreten, der es gleichmäßig an die Gläubiger verteilt. Für Verfahren, die nach dem 30.9.2020 beantragt wurden, beträgt die Wohlverhaltensperiode nur noch drei Jahre. ● Hat der Schuldner seine Mitwirkungspflichten erfüllt, kann er nach Ablauf dieser Zeit durch gerichtlichen Beschluss von den Restschulden befreit werden (außer z.B. von Unterhalts- und Steuerschulden). Gegebenenfalls sind die Verfahrenskosten noch in Raten abzuzahlen. Die Wohlverhaltensperiode verlängert sich auf fünf Jahre, wenn nach dem 30.9.2020 schon einmal Restschuldbefreiung erteilt wurde.
Ausgabe: | 07/2021 |
Produktformat: | Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |