Regionalismus in Spanien
Infografik Nr. 822515
Wie die meisten Staaten in Westeuropa entstand auch Spanien auf dem Boden von Königsdynastien, die das Land seit dem Mittelalter territorial und politisch zusammenführten. In Spanien ging diese En ...
Wie die meisten Staaten in Westeuropa entstand auch Spanien auf dem Boden von Königsdynastien, die das Land seit dem Mittelalter territorial und politisch zusammenführten. In Spanien ging diese Entwicklung vom zentralen Hochland aus, wo im Laufe der „Reconquista“ das Königreich Kastilien-León zur führenden Macht aufstieg. 1479 vereinte sich Kastilien-León per Heirat mit dem Königreich Aragón zum Königreich Spanien. Die seitdem von Madrid aus betriebene Zentralisierung führte regelmäßig zu Spannungen mit den Regionen an der Peripherie. Dies gilt besonders für Katalonien und das Baskenland, wo im 19. Jahrhundert ethnisch motivierte Absetzungsbewegungen aufkamen. Die Industrialisierung hatte die beiden Regionen zu den reichsten Spaniens gemacht, ihrer aus dem Mittelalter stammenden Sonderrechte waren sie aber beraubt worden: Katalonien bereits im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-14), das Baskenland in den Karlistenkriegen (bis 1876). Aus der Diskrepanz von wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und politischer Bevormundung durch Madrid erwuchsen Forderungen nach Autonomie. Katalonien erreichte zwar 1932 ein Autonomiestatut, doch die aus dem Bürgerkrieg (1936-39) hervorgegangene Diktatur Francisco Francos zwang Spanien in einen Einheitsstaat und unterdrückte jedes regionale Autonomiestreben.
Erst nach Francos Tod 1975 und im nun folgenden Übergang zur Demokratie drängte das Problem des Regionalismus wieder an die Oberfläche. Die Verfassung von 1978 setzt daher auf Dezentralisierung: Zwar betont sie die „unauflösliche Einheit der spanischen Nation“, garantiert aber jeder „Nationalität und Region“ das Recht auf Selbstverwaltung. Grundlage der Selbstverwaltung sind die mit jeder Region einzeln ausgehandelten Autonomiestatute; daher haben nicht alle Regionen den gleichen Grad an Autonomie. Bis 1983 entstanden 17 Autonome Gemeinschaften, die Exklaven Ceuta und Melilla erhielten 1995 den Status autonomer Städte. Wichtigste Institutionen der autonomen Gebiete sind die Regionalregierungen und die Regionalparlamente. Allein zuständig sind die Regionen u. a. für Landwirtschaft, Industrie, Handel und Sozialleistungen. Die Einnahmen der Regionen bestehen aus eigenen Ressourcen, vom Staat überlassenen Steuern, staatlichen Zuweisungen und Mitteln aus einem interterritorialen Ausgleichsfonds.
Die Dezentralisierung konnte indes separatistische Bestrebungen nicht verhindern: Im Baskenland kämpfte die Untergrundorganisation Eta über Jahrzehnte für einen Baskenstaat, bis sie 2011 ihren Gewaltverzicht erklärte und 2017 ihre Waffen abgab. In Katalonien, das sich als ökonomisch stärkste Region von Madrid benachteiligt sieht, ist der Wunsch nach einem eigenen Staat immer noch verbreitet.
Ausgabe: | 11/2017 |
Produktformat: | Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |