Geburtenrückgang in Europa
Infografik Nr. 707117
Ab Mitte der 1960er Jahre gingen überall in Europa die Geburtenraten zurück. Heute werden durchweg weniger Kinder geboren als notwendig wären, um die Elterngeneration zu ersetzen. Vergleichen Sie die Entwicklung in ausgewählten Ländern der EU seit 1965!
In Europa stand die Bevölkerungsentwicklung ab Mitte der 1960er Jahre im Zeichen eines anhaltenden Geburtenrückgangs. Die Zahl der Neugeborenen sank in der heutigen EU von 6,8 Millionen (1964) auf nur noch rund 4,4 Millionen (2002) und nach einem leichten Anstieg zu Beginn des 21. Jahrhunderts weiter auf 4,1 Millionen (2020/21). Diese Entwicklung vollzog sich in den europäischen Ländern mehr oder weniger gleichförmig, wenn auch zeitlich verschoben und in unterschiedlichem Ausmaß. Weil sie manche Parallelen zum Übergang von der agrarischen zur industriellen Bevölkerungsweise (im 19. und frühen 20. Jahrhundert) aufweist, wird sie in Analogie dazu häufig als zweiter demographischer Übergang bezeichnet.
Ursache dieses neuerlichen Geburtenrückgangs, so die gängige Erklärung, waren die gesellschaftlichen Veränderungen der Nachkriegsjahrzehnte, der Drang nach Selbstverwirklichung insbesondere der Frauen und die damit einhergehende Ablösung traditioneller Lebensentwürfe. Offenbar bestand ein Zusammenhang zwischen der steigenden Frauenerwerbstätigkeit und dem Trend zu offeneren Partnerschaftsbeziehungen, kleineren Familien, zu aufgeschobener Mutterschaft oder zum Verzicht auf Kinder. Durch die „Pille“ und andere Methoden der Empfängnisverhütung wurde die Familienplanung als Teil einer bewussten, abwägenden Lebensplanung wesentlich erleichtert.
Dieses Erklärungsmuster wird inzwischen auch oft hinterfragt. Wäre es so, dass die zunehmende Bildungs- und Erwerbsbeteiligung der Frauen und der Wandel der Lebensformen mit Notwendigkeit zu sinkenden Geburtenraten führen, müsste der Geburtenrückgang in den nordeuropäischen Ländern am stärksten ausgeprägt sein. Tatsächlich ist das Geburtenniveau dort aber deutlich höher als im noch eher traditionsverhafteten Süden Europas. Auch zeigte sich, dass die Fruchtbarkeitsraten nach einem Tiefpunkt um das Jahr 2000 europaweit wieder anstiegen. Die Fruchtbarkeitsrate gibt an, wie viele Kinder eine Frau im Lauf ihres Lebens zur Welt bringen würde, wenn ihr Geburtenverhalten dem Durchschnitt aller Frauen im jeweiligen Jahr entspräche. In der EU lag sie 2021 bei durchschnittlich 1,53. Von einer Trendwende zu sprechen, wäre aber voreilig. Nach wie vor werden in allen Ländern Europas weniger Kinder geboren als notwendig wären, um die Elterngeneration zu ersetzen (2,1 Kinder je Frau). Die höchsten Fruchtbarkeitsraten in der EU meldeten 2021 Frankreich (1,84), Tschechien (1,83) und Rumänien (1,81), die niedrigsten Italien (1,25), Spanien (1,19) und Malta (1,13). Deutschland wies zuletzt einen Anstieg der Fruchtbarkeitsrate auf 1,58 Kinder je Frau auf.
Ausgabe: | 05/2023 |
Produktformat: | eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |