Nach dem Ersten Weltkrieg: Europas neue Staaten
Infografik Nr. 701768
Im Ersten Weltkrieg prallten die Herrschaftsansprüche der kontinentaleuropäischen Großmächte – Deutschlands, Österreich-Ungarns, Frankreichs und Russlands – mit einer bis dahin unvorste ...
Im Ersten Weltkrieg prallten die Herrschaftsansprüche der kontinentaleuropäischen Großmächte – Deutschlands, Österreich-Ungarns, Frankreichs und Russlands – mit einer bis dahin unvorstellbaren, durch die industriell-technische Entwicklung gesteigerten militärischen Zerstörungskraft aufeinander. Am Ende des Krieges waren die Weltmachtambitionen zerschlagen. Die kriegführenden Mächte hatten 17 bis 20 Millionen Todesopfer zu beklagen und unermessliche materielle Verluste erlitten. Darüber hinaus war aber auch die seit dem Wiener Kongress bestehende europäische Staatenordnung grundlegend zerstört. Ein aggressiver Nationalismus hatte die Großmächte in den Krieg getrieben; am Ende des Krieges mussten sich die besiegten Staaten den nationalen Emanzipationsbestrebungen der bis dahin von ihnen beherrschten Völker im Osten und Südosten Europas beugen. Dies betraf zunächst Russland, dann aber vor allem Österreich-Ungarn und das Deutsche Reich, denen in den Friedensverträgen weitreichende territoriale Veränderungen abverlangt wurden.
Finnland hatte mehr als hundert Jahre (seit 1808) als autonomes Großfürstentum zum russischen Zarenreich gehört. Nach der Oktoberrevolution löste sich das Land noch im Dezember 2017 von Russland und erklärte seine Unabhängigkeit. Im Friedensvertrag von Brest-Litowsk (März 1918) verpflichtete sich Russland gegenüber den Mittelmächten u.a. zur Räumung des Baltikums und zur Abtretung der polnischen Gebiete. Litauen und Estland riefen bereits im Februar 1918 ihre Unabhängigkeit aus; Lettland folgte im November 1918. Aber diese Unabhängigkeitserklärungen wurden erst nach weiteren Kämpfen durch den Abschluss eines Friedensvertrags mit Sowjetrussland im Jahr 1920 anerkannt. Umkämpft war auch die Wiederentstehung des polnischen Staates, die erst nach Gebietsabtretungen Deutschlands und Österreichs im Westen und Süden und nach dem polnisch-sowjetischen Krieg um die Grenzziehung im Osten (1919-1921) 1923 zum Abschluss kam. Als Tag der Unabhängigkeit, an dem die polnische Teilung nach 123 Jahren endete, gilt der 11. November 1918.
Der Friedensvertrag von St. Germain-en-Laye (Sept. 1919) besiegelte neben dem Ende der österreich-ungarischen Monarchie die Geburt der unabhängigen Tschechoslowakei und des serbisch-kroatisch-slowenischen Staates (später Jugoslawien). Die westlichen Siegermächte sahen in den neu entstandenen Staaten einen „cordon sanitaire“ (Sicherheitsgürtel) gegenüber dem revolutionären Russland. Die oft willkürlichen Grenzfestlegungen erwiesen sich aber als schwere Belastung der neuen Staatenwelt.
Ausgabe: | 03/2018 |
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Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |