Chinas Schulden
Infografik Nr. 878528
Das Scheitern großer chinesischer Immobilienkonzerne rückt die Schuldensituation ganz Chinas in den Blickpunkt. Wie hoch ist die Gesamtverschuldung im Vergleich zu anderen Ländern? Wie tragen Staat, Unternehmen und pvrivate Haushalte dazu bei? Und wo liegen die besonderen Probleme? Mehr dazu in diesem Zahlenbild!
Im Januar 2024 ordnete ein Gericht in Hongkong die Liquidation des hochverschuldeten chinesischen Immobilienentwicklers Evergrande an. Mit dem spektakulären Scheitern eines der größten Unternehmen der Volksrepublik rückte die Schuldensituation ganz Chinas in den Blickpunkt. Seit 2008 stieg die gesamtwirtschaftliche Verschuldung Chinas in beschleunigtem Tempo, noch deutlich rascher als das wirtschaftliche Wachstum. Infolgedessen verdoppelte sie sich im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt bis 2022. Im internationalen Vergleich war der Schuldenstand des Staates Ende 2022 mit 77% des BIP zwar noch nicht allzu hoch – in Japan lag er bei 261 %, in den USA bei 121 %, in Deutschland bei 66 % des BIP. Die private Verschuldung Chinas machte zu diesem Zeitpunkt jedoch schon 195 % des BIP aus. Davon entfielen 61 % auf die privaten Haushalte und 133 % auf die Unternehmen. Das ergab eine Gesamtschuldenquote von 272 % des BIP – verglichen mit 447 % in Japan, 273 % in den USA und 193 % in Deutschland.
Während die Gesamtverschuldung Chinas – am BIP gemessen – somit eine ähnliche Größenordnung erreicht wie die der USA, stellt sie die Volksrepublik wegen struktureller Schieflagen und Schwierigkeiten bei der Finanzierung vor dauerhafte, schwer zu lösende Probleme. Ein Großteil der Schulden entfällt auf Infrastrukturprojekte und auf den Bausektor, der in den vergangenen Jahrzehnten wesentlich zum Wirtschaftswachstum beitrug. Durch Überproduktion entstand auf dem chinesischen Immobilienmarkt eine „Blase“ mit Millionen leer stehenden oder noch nicht fertiggestellten Wohnungen. Wegen der schwächeren Nachfrage nach Wohn- und Bürobauten hatten große Immobilienkonzerne wie Evergrande oder Country Garden seit 2021 zunehmend Schwierigkeiten, ihre Schulden zu bedienen.
Hohe Schulden belasten insbesondere die Lokalregierungen. Um die Wachstumsziele der Zentralregierung zu erfüllen, investierten sie über Jahre in große Infrastrukturprojekte, deren Finanzierung sie nun zunehmend überfordert. Hinzu kommen Schulden staatlicher Unternehmen wie der Eisenbahn, die mit großem Nachdruck in den Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes investiert. Daran lässt sich kritisieren, dass zu viel Geld in Projekte fließt, die nur noch einen geringen Zusatznutzen erbringen. Um weiter steigende Schulden durch unrentable Anlagen zu vermeiden, müsste anders als im jetzigen Wirtschaftsmodell Chinas die extrem hohe Investitionsquote (2023: 43,5% des BIP) zugunsten des Konsums gesenkt werden. Klettern die Schulden hingegen weiter wie bisher, treffen sie mit einer Bevölkerungsentwicklung zusammen, in der jede neue Generation kleiner ist als die vorhergehende und die Schuldenlast für sie umso schwerer.
Ausgabe: | 06/2024 |
Produktformat: | eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |