Wahlen zur französischen Nationalversammlung 2024

Wahlen zur französischen Nationalversammlung 2024

Infografik Nr. 799331

Nach dem schwachen Abschneiden seiner Regierungskoalition bei der Europawahl 2024 traf der französische Staatspräsident Macron eine riskante Entscheidung und löste die Nationalversammlung auf. Bei deren Neuwahl lag überraschend das linke Wahlbündnis vorn. Wie kam es dazu und wie sehen die Kräfteverhältnisse im neu konstituierten Parlament aus?

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Die Europawahl 2024 endete in Frankreich mit einem Debakel für Präsident Macron und die mit ihm verbundene Parteienkoalition. Da bei der Wahl zum Europaparlament das Verhältniswahlrecht gilt, konnte das rechtsextreme Rassemblement national (RN) die wachsende Unzufriedenheit mit der Regierungspolitik unter Macron in einen eindeutigen Wahlsieg ummünzen. Mit 32 % erhielt es mehr als doppelt so viele Stimmen wie die Regierungskoalition (15 %). Macron erkannte, dass seine Regierung nach diesem Votum zu sehr geschwächt war, um zur Tagesordnung übergehen zu können. Er löste deshalb die Nationalversammlung, das französische Parlament, kurzerhand auf und ging bewusst das Risiko von Neuwahlen ein. Dabei spekulierte er darauf, dass das bei den nationalen Wahlen geltende Mehrheitswahlrecht zusammen mit einer höheren Wahlbeteiligung einen Durchmarsch der Rechten verhindern werde.

Tatsächlich bildet das mit dem Übergang zur Fünften Republik 1958 eingeführte Mehrheitswahlrecht einen starken Schutzwall gegen das Aufkommen radikaler Strömungen. Die Wahl der Nationalversammlung findet in zwei Wahlgängen statt. Gewählt wird in Einer-Wahlkreisen. Kandidaten mit mehr als 50 % der Stimmen und einer Stimmenzahl von mindestens 25 % der Wahlberechtigten sind schon im ersten Wahlgang gewählt. Wird diese Schwelle nicht erreicht, stehen sich im zweiten Wahlgang die beiden erfolgreichsten Bewerber der ersten Runde gegenüber; hinzu kommen weitere Bewerber, falls ihre Stimmenzahl mindestens 12,5 % der Wahlberechtigten entspricht. Es gibt im zweiten Wahlgang also Wahlkreise, in denen die Entscheidung – mit relativer Mehrheit – zwischen zwei, drei oder gar vier Bewerbern fällt.

Für den zweiten Wahlgang am 7.7.2024 war nun entscheidend, dass sich in vielen Wahlkreisen mit einer Dreier- oder Vierer-Konstellation (triangulaire, quadrangulaire) die weniger aussichtsreichen Bewerber der Linken oder des Zentrums zurückzogen, um dadurch die Wahlchancen des verbleibenden „republikanischen“ Kandidaten gegenüber der extremen Rechten zu verbessern. Diese Taktik ging auf: zu den 37 Mandaten aus dem ersten Wahlgang konnte das RN im zweiten Wahlgang nur noch weitere 88 und damit insgesamt 125 Mandate erringen, während das Linksbündnis (Union de la gauche) 178 und das Zentrum (Ensemble!) 150 Sitze eroberte. Nach der Wahl konstituierten sich elf Fraktionen in der Nationalversammlung. Auch wenn sich die Wahlbündnisse damit wieder auflösten, waren die meisten Fraktionen jeweils einem von drei großen politischen Blöcken zuzurechnen. Damit zeichnete sich ein neues Problem ab; Das Fehlen eindeutiger Mehrheiten, das die Bildung einer handlungsfähigen Regierung erschwerte.

Ausgabe: 09/2024
Produktformat: eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei.
Reihe: 53
Reihentitel: Zahlenbilder
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