Wohlstandsmessung - Alternativen zum BIP
Infografik Nr. 632190
Zur Messung des Wohlstands eines Landes ist das Bruttoinlandsprodukt nach wie vor am gebräuchlichsten. Das hat seine Gründe: Das BI ...
Zur Messung des Wohlstands eines Landes ist das Bruttoinlandsprodukt nach wie vor am gebräuchlichsten. Das hat seine Gründe: Das BIP ist gut eingeführt und praktisch weltweit verfügbar, es wird in Geldeinheiten verständlich ausgedrückt und es steht als Ausdruck der Produktionsleistung eines Landes in engem Zusammenhang mit anderen, für die Menschen unmittelbar bedeutsamen Größen wie Arbeit, Einkommen, Verbrauch oder Vermögen. Zunehmend wird aber als Nachteil erkannt, dass das BIP wichtige soziale und ökologische Aspekte des Wohlstands nicht oder nur unzulänglich erfasst: Gesundheit, Bildung, Sicherheit und andere öffentliche Güter, die politische Teilhabe der Bürger, die Verteilung der Einkommen, den Beitrag nicht marktbestimmter Tätigkeiten (vor allem der Hausarbeit), den Zustand der Umwelt und die Nachhaltigkeit des Wirtschaftens. Und es zeigt sich immer öfter, dass ein Zuwachs des BIP nicht unbedingt mit einem Zugewinn an öffentlicher und privater Wohlfahrt einhergeht. Deshalb wird auf nationaler und internationaler Ebene nach neuen Verfahren der Wohlstandssmessung gesucht.
So entwickelt die OECD ein Indikatorensystem für die Lebensqualität und die materiellen Lebensbedingungen der Menschen in Verbindung mit Aspekten der Nachhaltigkeit. Die Europäische Kommission veröffentlichte 2009 unter der Überschrift „Das BIP und mehr“ einen Vorschlag zur Ergänzung des BIP durch ökologische und soziale Indikatoren. Im gleichen Jahr legte eine vom französischen Präsidenten eingesetzte Kommission hochrangiger Wissenschaftler den Stiglitz-Sen-Report vor. Darin wurden zum einen die Grenzen des BIP diskutiert, zum anderen aber umfassende Vorschläge unterbreitet, wie es ergänzt und erweitert werden könne. In Deutschland und Frankreich befassten sich die Sachverständigenräte für Wirtschaft mit dem Bericht der Stiglitz-Kommission und legten eine Empfehlung für ein umfassendes Indikatorensystem vor, mit dem sich Wirtschaftsleistung, Lebensqualität und Nachhaltigkeit erfassen lassen. In eine ähnliche Richtung zielt der vom Rat für Nachhaltige Entwicklung vorgeschlagene Nationale Wohlfahrtsindex. Anfang 2011 nahm eine Enquete-Kommission des Bundestags die Arbeit auf, die sich unter anderem mit der Entwicklung eines ganzheitlichen Wohlstands- bzw. Fortschrittsindikators befassen soll. Vorarbeiten von Seiten der Wissenschaft sind dazu schon vielfach vorhanden, so z.B. der Genuine Progress Indicator oder der Index of Social Progress.
Solche alternativen Maße des Wohlstands treffen jedoch auf die Schwierigkeit, dass Wohlstand auf sehr unterschiedliche Weise definiert werden kann. Auch ist abzusehen, dass die Einfachheit und Verständlichkeit des BIP mit der Ausarbeitung umfangreicher Indikatorensysteme verloren geht.
Ausgabe: | 09/2011 |
Produktformat: | Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |