Der Solidaritätszuschlag
Infografik Nr. 181283
Der Solidaritätszuschlag wurde 1991 und nach einer Unterbrechung 1995 wieder eingeführt. Aus seinem Aufkommen sollte ein Teil des Finanzbedarfs nach der deutschen Einigung gedeckt werden. Seit 2021 ist er für die Mehrzahl der Steuerpflichtigen abgeschafft, aber er erbringt immer noch Milliardenbeträge. ist er 35 Jahre nach dem Ende der deutschen Teilung noch gerechtfertigt?
Mit der deutschen Einigung wurde die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialordnung der Bundesrepublik auf das Beitrittsgebiet – die fünf neuen Länder und Ost-Berlin – übertragen. Anfangs gab sich die Bundesregierung überzeugt, den zusätzlichen Finanzbedarf für den Osten durch Einsparungen und Umschichtungen im Haushalt decken zu können. Da eine weiterreichende Finanzierungsstrategie fehlte, erfolgte die Beschaffung der erforderlichen Milliarden hauptsächlich durch die Aufnahme von Krediten und über Sonderfonds, die außerhalb des Bundeshaushalts eingerichtet wurden. Hinzu kam die Anhebung verschiedener Steuern und der Sozialbeiträge zum 1.7.1991. Als zusätzliches Element wurde ein zeitlich begrenzter Solidaritätszuschlag von 7,5 % auf die Lohn-, Einkommen- und Körperschaftsteuer eingeführt.
Erst mit dem Solidarpakt I (1995), der für zehn Jahre die Finanzhilfen zugunsten der neuen Länder und Berlins regelte, verabschiedete sich die Bundesregierung von der Fehleinschätzung, der Osten Deutschlands benötige nur kurzfristige finanzielle Unterstützung. Die Transferleistungen wurden nunmehr als langfristige Aufgabe erkannt. Im Zusammenhang damit erfolgte auch die Wiedereinführung des Solidaritätszuschlags zum 1.1.1995. Er belief sich zunächst wie schon 1991/92 auf 7,5 % der Lohn-, Einkommen-, Körperschaft- und Kapitalertragsteuer, wurde aber zum 1.1.1998 auf 5,5 % gesenkt. Aus rechtlicher Sicht handelte es sich beim „Soli“ um eine Ergänzungsabgabe nach Art. 106 Abs. 1 GG. Diese darf vom Bund erhoben werden, wenn ein zusätzlicher Finanzbedarf gedeckt werden muss.
Unter diesem Gesichtspunkt wurde er auch während der Laufzeit des Solidarpakts II (2005 bis 2019) beibehalten. Obwohl er keiner ausdrücklichen Zweckbindung unterlag, stand sein innerer Zusammenhang mit der Finanzierung der deutschen Einheit stets außer Frage. Zum 1.1.2021 wurde er für rund 90 % der Lohn- und Einkommensteuerzahler abgeschafft. Für Bezieher höherer Einkommen blieb er teilweise und für die obersten 3,5 % der Top-Verdiener unverändert bestehen. Als Zuschlag auf die Kapitalertragsteuer fiel er ebenfalls weiter an. Und auch die körperschaftsteuerpflichtigen Unternehmen wurden nicht davon befreit.
Bis Ende 2023 brachte der Solidaritätszuschlag dem Staat nahezu 400 Mrd € ein. Mit wachsendem Abstand zur deutschen Einigung kann die Begründung des „Soli“ mit fortbestehenden einigungsbedingten Lasten aber kaum noch überzeugen. Auf Grund einer Verfassungsbeschwerde wird das Bundesverfassungsgericht voraussichtlich 2025 darüber entscheiden, ob er weiterhin erhoben werden darf.
Ausgabe: | 12/2024 |
Produktformat: | eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |