Legitimation durch Wahlen

Legitimation durch Wahlen

Infografik Nr. 088608

Das ZAHLENBILD behandelt das Thema der Wahlbeteiligung und der "verlorenen Stimme" bei einer Bundestagswahl. Was bedeutet es, wenn ein recht großer Teil der Wahlberechtigten gar keinen Einfluss auf die Zusammensetzung des Parlaments hat? Könnte die Senkung der 5%-Schwelle etwas daran ändern?

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Die amtliche Wahlstatistik wertet Wahlen aus, indem sie die Zahl der Stimmen für die Kandidaten oder eine Partei ins Verhältnis zur Gesamtzahl der abgegebenen gültigen Stimmen setzt. Wer sich aber dafür interessiert, wie viel Rückhalt die politischen Strömungen tatsächlich finden, muss die Gesamtheit der Wahlberechtigten als Bezugsbasis nehmen. Unter diesem Aspekt hatte die Bundestagswahl 2013 ein besonders alarmierendes Ergebnis: Erstmals sprachen sich weniger als 60% aller Wahlberechtigten für eine der im Bundestag vertretenen Parteien aus. Nach den Bundestagswahlen von 2017, 2021 und 2025 waren mit jeweils rund 70% wieder größere Anteile der Wahlberechtigten im Parlament vertreten. Dies lag vor allem am Abschneiden der AfD, die viele frühere Nichtwähler mobilisierte, indem sie deren Unzufriedenheit oder Protesthaltung aufgriff. Doch obwohl die Wahlbeteiligung 2025 mit 82,5% den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung erreichte, nahmen immer noch mehr als 10 Millionen Wahlberechtigte nicht an der Wahl teil.

Was bedeutet das Fernbleiben so vieler Bürger für die Legitimation der Volksvertreter? Armin Schäfer vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung weist auf die gesellschaftspolitische Problematik einer niedrigen Wahlbeteiligung hin. Er sieht Wahlen als niedrigschwelliges Angebot, das alle sozialen Schichten anspricht und ihnen ein Stück demokratischer Teilhabe sichert. Eine schwache Wahlbeteiligung bringt aber sozial einseitige Resultate hervor, weil unter den Nichtwählern überproportional viele Menschen mit geringem Bildungsstand und niedrigem Einkommen sind, deren Interessen das Wahlergebnis dann nicht abbildet. Im Interesse einer Beteiligung aller Gesellschaftsschichten müssten daher die Wahlberechtigten stärker mobilisiert werden.

Ein anderes Problem rührt daher, dass auch bei einer höheren Wahlbeteiligung viele Stimmen „verloren“ gehen, weil sie für Parteien abgegeben werden, die an der 5-Prozent-Klausel scheitern und deshalb nicht in den Bundestag einziehen (2025 vor allem BSW und FDP). Während die sogenannten Volksparteien an verbindender Kraft eingebüßt haben, werden kleinere Parteien, die enger begrenzte Interessen und Milieus ansprechen, für immer mehr Wähler attraktiv. Würde die 5%-Hürde gesenkt, könnten einige dieser Parteien in den Bundestag gelangen; der Anteil erfolgloser Stimmen würde reduziert. Das Bundesverfassungsgericht entschied im Juli 2024, dass die Sperrklausel in ihrer derzeitigen Form verfassungswidrig ist und nur übergangsweise in Kraft bleibt. Bei einer Neuregelung könnte sie herabgesetzt werden. 

Ausgabe: 06/2025
Produktformat: eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei.
Reihe: 53
Reihentitel: Zahlenbilder
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