Erdgas für Europa

Erdgas für Europa

Infografik Nr. 755035

Beim Import von Erdgas ist die EU zu einem großen Teilauf Russland angewiesen. Putins Krieg gegen die Ukraine Anfang 2022 machte schmerzlich die Folgen dieser Abhängigkeit bewusst. Die EU sucht daher nach Alternativen zum russischen Gas, auch durch neue Pipelines, die Russland umgehen. Das ZAHLENBILD zeigt eine Karte der wichtigsten Pipelines und erläutert die Geopolitik dahinter.

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Die Europäische Union verbraucht weit mehr Energie als sie selbst erzeugt. 2020 stammten bei einem Bruttoenergieverbrauch von rund 1 400 Mio Tonnen Rohöleinheiten etwa 57 % aus Importen. Eine wichtige Energiequelle ist das Erdgas, das ein Fünftel des gesamten Energieverbrauchs der EU deckt. Als „saubere“, gezielt einsetzbare Energie dient es zur Versorgung der privaten Haushalte und der Industrie und wird zur Stromerzeugung genutzt. Die Abhängigkeit der EU-27 von Erdgasimporten lag 2020 mit über 80 % noch deutlich höher als für die Energieversorgung insgesamt. Sie konzentrierte sich zudem auf wenige Länder: 38 % der Erdgaseinfuhren kamen aus Russland, 19 % aus Norwegen. Weitere wichtige Lieferländer waren Algerien und Katar, in jüngerer Zeit kamen auch die USA als bedeutender Lieferant hinzu.

Die Risiken einer so starken Abhängigkeit von einem Lieferanten machte zuletzt der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine 2022 schmerzlich bewusst. Weil ein direktes militärisches Eingreifen in der Ukraine aufgrund der Eskalationsgefahr nicht infrage kam, versuchte der Westen, Moskau mit Sanktionen zum Einlenken zu bewegen. Die Achillesferse der russischen Wirtschaft, der Energiesektor, wurde dabei jedoch weitgehend verschont. Die Ausfuhr von Erdöl und Erdgas macht mehr als 60% der russischen Exporterlöse aus, doch die Abhängigkeit ist wechselseitig. Aus Angst vor einer Energiekrise in Europa schreckte die EU vor einschneidenden Sanktionen gegen Russlands Energieexporte zunächst zurück.

Um sich von Russland unabhängiger zu machen, fassten europäische Staaten kurzfristig den Rückgriff auf Kohle und Nuklearenergie ins Auge, längerfristig wird der Ausbau der erneuerbaren Energien zentral sein. Mit Blick auf die Gasversorgung kommt zudem infrage: die breitere Streuung der Bezugsquellen, auch durch Flüssiggasimporte, die Erweiterung des Speichervolumens und nicht zuletzt der Bau zusätzlicher Pipelines, die Russland als Liefer- bzw. Transitland umgehen. So transportiert die Pipeline TANAP bereits Erdgas aus Zentralasien nach Südosteuropa – über die Türkei statt Russland. An Russland vorbei führen soll auch White Stream, die kaspisches Gas über das Schwarze Meer abtransportieren könnte. Über die geplante Pipeline EastMed soll Erdgas aus Israel über das Mittelmeer nach Europa fließen – das Projekt gilt aber als unwirtschaftlich, die USA haben ihm bereits ihre Unterstützung entzogen. Demgegenüber sucht Russland nach zusätzlichen Optionen, über eigene Pipelines Erdgas nach Europa zu bringen. Eines dieser Projekte war die hochumstrittene Pipeline Nord Stream 2 nach Deutschland. Sie wurde zwar 2021 fertig verlegt, doch nach dem russischen Angriff auf die Ukraine setzte Berlin ihre Zertifizierung aus.

Ausgabe: 04/2022
Produktformat: eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei.
Reihe: 53
Reihentitel: Zahlenbilder
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