Die EU und Südosteuropa
Infografik Nr. 725591
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs entschied sich die Europäische Gemeinschaft für ihre Öffnung zum Osten und Südosten Europas. Sie gab auch den Staaten des Westbalkans, von denen die meisten in den 1990er Jahren noch in die Teilungskriege Jugoslawiens verstrickt waren, eine europäische Perspektive. Auf welchem Stand sind die Beziehungen der EU zu diesen Ländern heute?
Nach dem Umbruch im Osten Europas stand die Europäische Gemeinschaft Anfang der 1990er Jahre vor einer weitreichenden strategischen Entscheidung: Sollte sie ein westeuropäischer Zusammenschluss bleiben oder auf längere Sicht auch die östlichen Reformstaaten integrieren? Im Fall der ehemaligen DDR stellte sich diese Frage erst gar nicht. 1993 eröffnete der EU-Gipfel von Kopenhagen aber auch den übrigen mittel- und osteuropäischen Staaten die Aussicht auf eine EU-Mitgliedschaft und formulierte die politischen und wirtschaftlichen Kriterien, die dafür erfüllt sein mussten.
Der unruhige und rückständige Südosten Europas spielte im Erweiterungskonzept der EU zunächst nur eine nachgeordnete Rolle, zumal die jugoslawischen Teilungskriege (1991-1999) die Hoffnungen auf eine friedliche Entwicklung dieser Region zerstörten. Allein Slowenien schaffte es schon im Rahmen der großen Erweiterungsrunde vom Mai 2004, in die EU aufgenommen zu werden. Bulgarien und Rumänien folgten Anfang 2007 nach. Doch auch die Staaten des westlichen Balkans wurden von der EU nicht abgeschrieben. Auf dem gemeinsamen Gipfeltreffen von Thessaloniki im Juni 2003 erhielten sie die Zusage, dass auch ihre Zukunft im gemeinsamen Europa liegt. Die EU setzte darauf, dass sich ihr Beitrittsangebot heilsam auf die Friedens- und Reformbereitschaft dieser Länder auswirkt. Durch Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen band sie die Westbalkanstaaten enger an sich und ließ ihnen massive finanzielle Hilfe zukommen. Allerdings war die Unterstützung an klare Bedingungen gekoppelt. So wurde über die Reformkriterien von Kopenhagen hinaus u.a. die Einhaltung der regionalen Sicherheitsabkommen, die Kooperation mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag, die Bereitschaft zur regionalen Zusammenarbeit und die Bekämpfung der Korruption und der organisierten Kriminalität verlangt.
Als erster Staat des westlichen Balkans wurde Kroatien 2013 in die EU aufgenommen. Albanien, Bosnien- Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien sind inzwischen als Beitrittskandidaten anerkannt. Seit 2012 führt die EU Beitrittsverhandlungen mit Montenegro, seit 2014 mit Serbien. Der schleppende, teilweise bis zum Stillstand verlangsamte Fortgang dieser Verhandlungen veranlasste die EU 2020, ihre Strategie zu schärfen. Sie verweist auf die Notwendigkeit glaubwürdiger, leistungsbezogener Fortschritte auf dem Weg zur Mitgliedschaft. Für den Kosovo, der im Dezember 2022 seinen Beitrittsantrag stellte, ist dieser Weg noch weit, da Serbien und Bosnien-Herzegowina, aber auch fünf EU-Mitglieder seine Eigenstaatlichkeit nicht anerkennen.
Ausgabe: | 09/2023 |
Produktformat: | eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |