Harte und weiche Macht

Harte und weiche Macht

Infografik Nr. 621050

Macht ist in der Politik eine zentrale Kategorie. Sie speist sich aus vielen Quellen, doch eine grundlegende Unterscheidung ist die zwischen „harter“ und „weicher“ Macht. Ihr Zusammenspiel erklärt, warum die USA zur Weltmacht wurden – und warum China ihnen diese Rolle wohl eher nicht abspenstig machen wird.

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Wer sich wissenschaftlich mit Politik beschäftigt, wird schnell feststellen, dass „Macht“ ein Schlüsselbegriff ist, ohne den sich politisches Handeln nicht verstehen lässt. Aber was ist Macht überhaupt? Eine wichtige Definition stammt von dem Soziologen Max Weber (1864-1920): „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“ Hier deutet der letzte Satzteil schon an, wie vielfältig die Quellen von Macht sein können. Der US-Politologe Joseph Nye unterscheidet grundsätzlich zwischen hard power und soft power, „harter“ und „weicher“ Macht. Harte Macht bemisst sich typischerweise in militärischer und wirtschaftlicher Stärke. Ihre Mittel sind der Einsatz oder die Androhung von Gewalt oder das Verhängen von Sanktionen, aber auch das Schaffen von Anreizen, etwa durch militärischen Schutz oder wirtschaftliche Zusammenarbeit. Hier greift also die Logik von „Zuckerbrot und Peitsche“. Dagegen ist weiche Macht komplexer. Zu ihren Quellen gehört die Attraktivität eines Staates hinsichtlich seiner Werte, Institutionen, seiner Kultur und seiner Anerkennung unter anderen Ländern. Solche Machtressourcen liegen natürlich oft außerhalb der direkten Kontrolle von Regierungen, und meist führt weiche Macht auch nicht unmittelbar zu Erfolgen, sondern schafft Rahmenbedingungen für eine künftige erfolgreiche Politik. Sie funktioniert nicht durch Zwang und Anreiz, sondern eher durch Überredung; sie „formt die Präferenzen der anderen“.

Das Paradebeispiel für weiche Macht sind die USA. Unbestreitbar beruht ihr Weltmachtstatus auf harter Macht: einem überlegenen Militär, einer starken Volkswirtschaft, der Dominanz des Dollars usw. Doch das allein reicht nicht, es braucht eben auch weiche Macht: Sie drückt sich aus in der globalen Reichweite der US-Popkultur, in ihrem freiheitlichen Staats- und Gesellschaftsmodell und nicht zuletzt in ihrer Rolle als „wohlwollender“ Hegemon, der – zumindest dem Anspruch nach – für Freiheit und die Herrschaft des Rechts eintritt. So können andere Staaten ihre eigenen Interessen mit denen der USA identifizieren.

In diesem Licht besehen muss die oft prophezeite Ablösung der Weltmacht USA durch das wirtschaftlich und militärisch aufstrebende China bezweifelt werden. Denn die Volksrepublik verfügt allein über harte Macht. Das chinesische Modell einer „Entwicklungsdiktatur“ mag für Autokraten in Afrika und Asien reizvoll sein, die sich über Investitionen freuen, ohne dass ihre repressive Herrschaft hinterfragt wird. Für ihre Bevölkerungen aber und generell einen breiteren Menschenkreis hat das chinesische Staats- und Gesellschaftsmodell nichts zu bieten, was auch nur annähernd mit der Attraktivität der USA vergleichbar wäre.

Ausgabe: 12/2022
Produktformat: eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei.
Reihe: 53
Reihentitel: Zahlenbilder
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