Holländische Krankheit

Holländische Krankheit

Infografik Nr. 632142

Die Entdeckung großer Vorkommen an natürlichen Rohstoffen kann ein Land reich machen. Aber manchmal wird der vermeintliche Segen zum Fluch, weil die Volkswirtschaft dadurch aus dem Gleichgewicht gerät. In der Wirtschaftsliteratur kennt man das Phänomen als "holländische Krankheit". Deren Ursachen und Symptome hier in einem knappen Überblick!

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Die Entdeckung großer Öl- oder Gasvorkommen gilt gemeinhin als Segen für das Land, dem sie gehören. Bei genauerer Analyse zeigt sich aber, dass der vermeintliche Segen für eine Volkswirtschaft nicht selten problematische Folgen hat und sich manchmal geradezu ins Gegenteil verkehrt. Tatsächlich kann ein Reichtum an natürlichen Ressourcen zum Fluch werden. Darauf deutet die Beobachtung, dass viele Länder, die über große Bodenschätze verfügen, ein geringeres wirtschaftliches Wachstum aufweisen als andere, ressourcenarme Länder.

Für dieses scheinbare Paradox fand der britische „Economist“ 1977 die Bezeichnung „Holländische Krankheit“. Er bezog sich dabei auf Erfahrungen aus den Niederlanden, die nach der Entdeckung des damals größten europäischen Erdgasfelds bei Groningen (1959) ihre Gasexporte beträchtlich ausweiteten. Die negativen Auswirkungen der Krankheit lassen sich vereinfachend so erklären: Durch die steigenden Rohstoffausfuhren fließen dem Exportland mehr ausländische Devisen zu, was zur Aufwertung der Landeswährung führt. Darunter leidet die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, die auf dem Inlandsmarkt zudem durch günstigere Importe unter Druck gerät. In ihre Entwicklung wird folglich weniger investiert, sie verliert an Innovationskraft und muss Arbeitsplätze abbauen. Ein weiterer Effekt wird durch die Gewinne aus dem Rohstoffexport ausgelöst. Werden sie für höhere Ausgaben im Inland verwendet, steigt nicht nur die Nachfrage nach Importprodukten, sondern auch nach Dienstleistungen, die sich entsprechend verteuern und mit dem wachsenden Bedarf mehr Arbeitskräfte anziehen. Auch dies hat die Schwächung des industriellen Sektors und seines Wachstumsbeitrags zur Folge. Gleichzeitig verliert eine Volkswirtschaft durch die Holländische Krankheit insgesamt an Widerstandskraft. Hängt sie, wie manche Entwicklungsländer, vom Export nur eines oder weniger Rohstoffe ab (neben Öl und Gas z.B. Diamanten, Gold, seltene Erden), ist sie den Schwankungen der Nachfrage und der Weltmarktpreise ausgeliefert. Manche Symptome der Holländischen Krankheit können auch durch andere Zuflüsse von ausländischem Kapital ausgelöst werden, so z.B. durch ausländische Direktinvestitionen, Entwicklungshilfegelder, unter Umständen sogar durch die Heimatüberweisungen von Arbeitsmigranten.

Als Mittel gegen die Holländische Krankheit empfehlen sich u.a. die Neutralisierung der zusätzlichen Devisen aus Rohstoffexporten (wie im Fall Norwegens, dessen Staatsfonds sie im Ausland investiert), eine möglichst breite Diversifizierung der Wirtschaft sowie Investitionen ins Bildungs- und Gesundheitswesen.

Ausgabe: 07/2024
Produktformat: eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei.
Reihe: 53
Reihentitel: Zahlenbilder
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