Mehrwertsteuer in der EU

Mehrwertsteuer in der EU

Infografik Nr. 725270

Alle EU-Länder verfügen über ein Mehrwertsteuersystem. Darin erschöpft sich aber schon die Gemeinsamkeit. Die Steuersätze weichen stark voneinander ab. Und im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr erweist sich das System als kompliziert und betrugsanfällig. Die Kommission hat deshalb Vorschläge zu einer Reform vorgelegt. Wird sie diesmal Erfolg haben?

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Die Steuerpolitik der EU verfolgt einen pragmatischen Kurs. Vorstöße zu einer stärkeren Angleichung der Steuersysteme waren im Lauf der Jahrzehnte mehrfach gescheitert. Die Europäische Kommission begnügte sich deshalb im Wesentlichen damit, den auftauchenden Problemen durch eine bessere Koordination der einzelstaatlichen Steuerpolitiken zu begegnen, und konzentrierte sich auf den Abbau steuerlicher Hemmnisse und Verzerrungen, die dem Binnenmarkt schaden konnten. Sie nahm damit Rücksicht auf die Befürchtung vieler Mitgliedstaaten, an Handlungsfähigkeit und Eigenständigkeit zu verlieren, wenn die Steuerpolitik stärker „europäisiert“ würde.

Das Beispiel der Mehrwertsteuer zeigt, wie schwer es war und immer noch ist, einen gangbaren Weg zwischen nationalen und europäischen Interessen zu finden. Um die wirtschaftliche Integration zu erleichtern, führten alle Mitgliedstaaten, wo es nicht schon der Fall war, das System der Mehrwertsteuer mit Vorsteuerabzug ein (in Deutschland 1968). Für den innergemeinschaftlichen Güterverkehr stellte sich die Frage, wo die Besteuerung letztlich erfolgen sollte. Gegen den Vorschlag der Kommission hielten die Mitgliedstaaten 1993 am sogenannten Bestimmungsland-Prinzip fest, nach dem die Steuer bei kommerziellen Lieferungen innerhalb der EU dem Land des Empfängers zufließt. Seit 2015 werden auch digitale Dienstleistungen (Telekommunikation, Radio/TV, Downloads) immer im Land des Dienstleistungsempfängers versteuert.

Teil des Kompromisses von 1993 war eine vorsichtige Angleichung der Steuersätze. Nach Art. 97 der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie von 2006 müssen alle EU-Staaten einen normalen Steuersatz von mindestens 15 % erheben. Daneben sind für einige Güter ermäßigte Steuersätze zulässig. In der Finanz- und Eurokrise waren viele EU-Länder gezwungen, ihre Mehrwertsteuersätze anzuheben, um höhere Steuereinnahmen zu erzielen. Auch 2024 steht Ungarn mit einem regulären Satz von 27 % an der Spitze. Luxemburg erhebt mit einer Standardrate von 17 % die niedrigste Mehrwertsteuer.

Das bestehende Mehrwertsteuersystem erweist sich vor allem im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr innerhalb der EU als kompliziert, kostspielig und betrugsanfällig. Und es hat mit der zunehmenden Digitalisierung und Globalisierung der Geschäftsbeziehungen nicht Schritt gehalten. Die Kommission legte deshalb Ende 2022 einen weitreichenden Reformentwurf vor („VAT in the Digital Age“). Er enthält Vorschläge für ein elektronisches Meldesystem, eine einheitliche, EU-weit gültige MWSt.-Registrierung der Unternehmen und die Besteuerung bestimmter Online-Plattformen.

Ausgabe: 10/2024
Produktformat: eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei.
Reihe: 53
Reihentitel: Zahlenbilder