Verbot verfassungswidriger Parteien
Infografik Nr. 095075
Das Grundgesetz will eine wehrhafte Demokratie. Parteien, die darauf ausgehen, die Grundordnung der Bundesrepublik zu beseitigen, können verboten werden. Aber die rechtlichen Hürden dafür sind hoch. Maßstäbe für ein Parteiverbot hat das Bundesverfassungsgericht entwickelt.
Mit Verbotsanträgen gegen die NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands) wollten die Antragsteller
(2001: Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung, 2013: Bundesrat) den Gefahren des organisierten
Rechtsextremismus entgegentreten. Zuvor hatte es in der Geschichte der Bundesrepublik nur zweimal einen
solchen Antrag gegeben: am 19.11.1951 gegen die Sozialistische Reichspartei (SRP), weil sie eine Nachfolgeorganisation
der NSDAP sei, und am 22.11.1951 gegen die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).
Das Grundgesetz nennt in Art. 21 Abs. 2 die Voraussetzung, die für ein Parteiverbot gegeben sein muss:
„Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche
demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik
Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig“. Die Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit
einer Partei ist allein dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten, das auf Antrag des Bundestags, des
Bundesrats oder der Bundesregierung tätig wird (§ 43 BVerfGG). Solange das Gericht die Verfassungswidrigkeit
einer Partei nicht festgestellt hat, darf diese in ihrer politischen Tätigkeit nicht eingeschränkt werden.
Das Grundgesetz gewährt den Parteien also erheblichen Raum, in der politischen Auseinandersetzung auch
extreme Positionen zu vertreten. In seiner Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht die Bedingungen,
unter denen eine Partei als verfassungswidrig zu gelten hat, genauer herausgearbeitet. So enthält
die Begründung des Verbotsurteils vom 23.10.1952 gegen die SRP eine Definition der zu schützenden
„freiheitlichen demokratischen Grundordnung“. Und das Verbotsurteil vom 17.8.1956 gegen die KPD
zieht die entscheidende Grenzlinie zwischen bloßer politischer Meinungsäußerung (die hinzunehmen ist,
auch wenn sie die obersten Verfassungsprinzipien nicht anerkennt) und einer „aktiv kämpferischen, aggressiven
Haltung“ gegenüber der bestehenden Ordnung. Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit hat
zur Folge, dass die Partei aufgelöst wird und etwaige Abgeordnetenmandate verfallen. Auch kann das
Gericht die Einziehung des Parteivermögens anordnen.
Das erste NPD-Verbotsverfahren wurde vom Bundesverfassungsgericht 2003 wegen schwerwiegender
Verfahrensfehler (V-Leute in der Führungsebene der Partei) eingestellt. Im zweiten Verfahren stellte es
2017 fest, dass die NPD zwar in ihren Zielen verfassungswidrig sei, dass ihr aber das Potenzial zur Durchsetzung
ihrer verfassungsfeindlichen Ziele fehle. Unterhalb der Ebene des Parteiverbots ist nach Art. 21
Abs. 3 GG der Ausschluss einer verfassungsfeindlichen Partei von der staatlichen Finanzierung möglich.
Ausgabe: | 02/2023 |
Produktformat: | eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |