Die Vetospieler-Theorie

Die Vetospieler-Theorie

Infografik Nr. 066281

Die Vetospielertheorie von George Tsebelis dient zur Analyse der Entscheidungsfindung in ganz unterschiedlichen politischen Systemen. Lesen Sie hier in knapper Zusammenfassung, von welchen Grundideen sie ausgeht.

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Die 1995 vorgestellte Vetospieler-Theorie des amerikanischen Politikwissenschaftlers George Tsebelis lieferte einen neuen Ansatz für den Vergleich politischer Systeme. Während die klassische Regierungslehre die Unterschiede zwischen den Systemen (z.B. Parlamentarismus und Präsidentialismus) herausarbeitet, fragt die Vetospieler-Theorie unabhängig vom jeweiligen System nach den Bedingungen für Stabilität oder Wandel in der Politik. Sie stützt sich auf die Annahme, dass es in jedem System politische Akteure gibt, die einer gesetzgeberischen Entscheidung zustimmen müssen. Diese Akteure nennt Tsebelis Vetospieler, da sie der Veränderung des gesetzlichen Status quo widersprechen und damit als Verhinderungsmacht auftreten können.

Es gibt institutionelle Vetospieler, die in der Verfassung festgeschrieben sind (z.B. Bundestag und Bundesrat), und parteiliche Vetospieler, nämlich Parteien oder Personen, die innerhalb dieser Institutionen handeln. Die Theorie geht vom Grundkonzept der Nutzenmaximierung aus: Jeder Vetospieler ist demnach bestrebt, ein Politikergebnis zu erreichen, das seinen Idealvorstellungen, seinem „Idealpunkt“, möglichst nahe kommt. Ein Gesetz, das den Stand der Dinge verändert, ist dann nur möglich, wenn Vorschläge existieren, die für alle Vetospieler eine Verbesserung gegenüber dem Status quo versprechen oder sich zumindest als gleich gut erweisen. Die Schnittmenge denkbarer Änderungsvorschläge, die von allen angenommen werden könnten, wird als Winset bezeichnet. Ist das Winset leer, weil es keine entsprechenden Vorschläge gibt, besteht keine Möglichkeit, den Status quo zu verändern. Probleme in diesem Bereich der Politik bleiben ungelöst.

Eine weitere Annahme besagt, dass die Chancen für eine politische Reform eher abnehmen, wenn die Zahl der Vetospieler steigt. In diesem Fall wird das Winset nämlich kleiner oder bleibt allenfalls gleich groß. Stimmt ein zusätzlicher Vetospieler mit den bisherigen inhaltlich überein, beeinflusst er die Entscheidungskonstellation jedoch nicht und ist nicht als Vetospieler zu zählen, da er vom System absorbiert wird (Absorptionsregel).

Eine bedeutende Rolle kommt demjenigen Vetospieler zu, der über das Vorschlagsrecht verfügt. Als „Agenda-Setzer“ kann er einen Vorschlag so formulieren, dass er den eigenen Vorstellungen möglichst weitgehend entspricht und von den übrigen Vetospielern gerade noch akzeptiert wird. Diese Rolle wird in parlamentarischen Systemen regelmäßig von der Regierung wahrgenommen, in präsidentiellen vom Parlament

Ausgabe: 02/2023
Produktformat: eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei.
Reihe: 53
Reihentitel: Zahlenbilder
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