Union für das Mittelmeer
Infografik Nr. 725593
Die Union für das Mittelmeer geht auf einen Vorstoß von Nicolas Sarkozy zurück. 2007 hatte der damalige französische Präsident eine wirtschaftliche, politische und kulturelle Union zwischen der EU und den übrigen Anrainerstaaten des Mittelmeers vorgeschlagen. Nach Sarkozys ursprünglichen Plänen sollten aufseiten der EU nur die „Südstaaten“ teilnehmen. Doch vor allem Deutschland sperrte sich gegen ein solches Separatvorhaben, bei dem es vor der Tür geblieben wäre. Der EU-Gipfel vom März 2008 entschärfte den Konflikt, indem er das Projekt der Mittelmeerunion in den bereits bestehenden, von der gesamten EU mitgetragenen Barcelona-Prozess einbettete – dieser Prozess war bereits 1995 angestoßen worden, hatte aber nicht zur erhofften Vertiefung der euro-mediterranen Partnerschaft geführt. An den Barcelona-Prozess anknüpfend nahmen im Juli 2008 also alle EU-Staaten an der Gründung der Union für das Mittelmeer in Paris teil, zusammen mit den 16 nicht-europäischen Staaten/Territorien der Mittelmeerregion.
Im Sinne einer gleichrangigen Partnerschaft stehen alle Organe der Mittelmeerunion unter einem Doppelvorsitz: einen Vorsitzenden stellt die EU, den anderen die Mittelmeerpartner. Zunächst hatte Frankreich den Vorsitz für die EU und Ägypten den für die südlichen Länder. Seit 2012 nimmt den EU-Vorsitz in den verschiedenen Gremien jeweils ein Repräsentant der gesamten EU ein, den Vorsitz der südlichen Länder übernahm Jordanien. Alle zwei Jahre sind Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs vorgesehen, die Außenminister treffen sich jährlich. In kürzeren Abständen finden Treffen politischer Spitzenbeamten aus den Außenministerien der Mitgliedstaaten sowie aus Institutionen der EU und der Arabischen Liga statt. Das Sekretariat in Barcelona nahm 2010 seine Arbeit auf. Es leistet koordinierende Dienste und arbeitet den Entscheidungsgremien zu. Den Generalsekretär stellen die nicht-europäischen Länder.
Übergeordnete Ziele der Mittelmeerunion sind Stabilität, Entwicklung und Integration. Die Bereiche der Zusammenarbeit umfassen den Ausbau von Seeschnellwegen und Bahnstrecken, Umweltsanierung am Mittelmeer, die Förderung von Bildung und Forschung sowie von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Neue Bedeutung erhielt die Mittelmeerunion seit 2015 im Kontext der irregulären Migration über das Mittelmeer, bei der die nicht-europäischen Partnerländer entweder Ausgangspunkte oder Transitländer sind. Die 2015 erneuerte Europäische Nachbarschaftspolitik sieht deshalb eine Stärkung der Mittelmeerunion vor. Erschwert wird die Kooperation jedoch durch die zahlreichen politischen Konflikte in Nordafrika und dem Nahen Osten, die sich im Zuge des „Arabischen Frühlings“ ab 2011 noch verschärft haben.
Ausgabe: | 08/2019 |
Produktformat: | Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |