Reform des Bundeswahlrechts 2023

Reform des Bundeswahlrechts 2023

Infografik Nr. 086142

Das Wahlrecht der Bundesrepublik versuchte stets so etwas wie die Quadratur des Kreises: Es kombinierte die Personenwahl in den Wahlkreisen mit der Verhältniswahl zwischen den Parteien. Das führte bei den letzten Wahlen zur Aufblähung des Parlaments. Die Wahlreform 2023 zieht die Obergrenze bei 630 Abgeordneten. Was ändert sich künftig am Wahlrecht, was bleibt gleich?

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Zum dritten Mal innerhalb eines Jahrzehnts beschloss der Bundestag am 17. März 2023 eine Reform des Bundeswahlgesetzes. Die neuerliche Reform hat zum Ziel, die Aufblähung des Parlaments durch Überhang- und Ausgleichsmandate zu verhindern. Nach der Wahl von 2017 war der Bundestag auf 709 und vier Jahre später sogar auf 736 Abgeordnete angewachsen. Ursache dieser Zunahme waren die Überhangmandate, die anfielen, wenn eine Partei in einem Land mehr Wahlkreismandate (Direktmandate) eroberte, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustanden. Da die Überhangmandate das Gesamtergebnis der Wahl als Verhältniswahl verzerrten, mussten sie seit der Reform von 2013 durch Ausgleichsmandate für die übrigen Parteien aufgewogen werden, was den Bundestag zusätzlich vergrößerte – mit nachteiligen Folgen für die Arbeitsfähigkeit und das Ansehen des Parlaments.
Die Reform von 2023 setzt dem ein Ende, in dem sie die neue gesetzliche Mitgliederzahl von 630 Abgeordneten als Fixgröße setzt und dafür in Kauf nimmt, dass nicht alle siegreichen Wahlkreisbewerber in den Bundestag gelangen. Sie betont dadurch den Charakter der Bundestagswahl als Verhältniswahl und misst der Parteienwahl (über die Zweitstimmen) von vornherein mehr Gewicht bei als der Personenwahl (per Erststimme) in den Wahlkreisen. Künftig werden die 630 Mandate entsprechend dem Zweitstimmenanteil auf Bundesebene an die Parteien vergeben, die mindestens 5 % der Stimmen erzielt haben (Oberverteilung). Die Mandate werden sodann getrennt für jede Partei nach der Zahl der Zweitstimmen den einzelnen Landeslisten zugewiesen (Unterverteilung). Bei der Vergabe dieser Mandate, d.h. der Benennung der künftigen Abgeordneten, haben die Wahlkreisgewinner der Partei Vorrang, und zwar der Reihe nach entsprechend dem von ihnen erzielten Erststimmenanteil. Hat eine Partei in einem Land mehr Wahlkreisgewinner als zu vergebende Mandate, gehen die Wahlkreissieger mit den schwächsten Ergebnissen leer aus. Durch die Vergrößerung des Bundestags auf 630 Mitglieder (bei weiterhin 299 Wahlkreisen) wurde das Risiko, dass Wahlkreisgewinner kein Mandat erhalten, allerdings verringert. Fehlt es einer Partei an Wahlkreisgewinnern, werden die ihr zustehenden, noch offenen Mandate über die Landesliste besetzt.
Mit dieser Neuregelung war die bisherige Grundmandats-Klausel nicht mehr zu vereinbaren. Ihr zufolge zog eine Partei, die mindestens drei Wahlkreismandate eroberte, in den Bundestag ein, auch wenn sie weniger als 5 % der Zweitstimmen erzielte (wie die LINKE 2021). Künftig entfällt diese Regelung; Ausnahmen von der 5 %-Hürde gibt es nur für Parteien nationaler Minderheiten.

Ausgabe: 09/2023
Produktformat: eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei.
Reihe: 53
Reihentitel: Zahlenbilder
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