Wanderungen von und nach Deutschland
Infografik Nr. 035251
Deutschland wollte lange kein Einwanderungsland sein. Die Realität sah aber anders aus. Gastarbeiter und deren Angehörige, Spätaussiedler, Kriegsflüchtlinge und Asylbewerber kamen in großer Zahl. Und trotz umfangreicher Rückwanderung verzeichnete die Bundesrepublik in den meisten Jahren einen Wanderungsüberschuss. Der war 2022 größer als in jedem anderen Jahr seit 1950.
Die Bundesrepublik Deutschland war seit den 1960er Jahren Ziel umfangreicher Wanderungsbewegungen. Bis Mitte der 1980er Jahre dominierte dabei die Zuwanderung von Arbeitskräften, hauptsächlich aus den Ländern des Mittelmeerraums. Da sich diese Form der Migration an den Verdienstmöglichkeiten für Arbeitskräfte orientierte und anfänglich noch nicht mit der Absicht der festen Niederlassung verbunden war, schwankte sie mit dem Auf und Ab der Konjunktur. In den Wirtschaftskrisen von 1967, Mitte der 1970er Jahre und in der ersten Hälfte der 1980er Jahre war deshalb eine starke Rückwanderung zu verzeichnen, sodass in diesen Zeiträumen per saldo die Fortzüge aus der Bundesrepublik überwogen.
Schon im Lauf der 1970er Jahre veränderte sich aber allmählich der Charakter der Zuwanderung. Nach dem Stopp der Gastarbeiter-Anwerbung 1973 gewannen die Zuzüge von Familienmitgliedern der in Deutschland verbliebenen ausländischen Arbeitskräfte an Gewicht. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre und Anfang der 1990er Jahre kamen (Spät-)Aussiedler aus Polen, Russland und anderen osteuropäischen Ländern in großer Zahl nach Deutschland. 1992 wanderten erstmals mehr als 1,5 Mio Menschen über die Außengrenzen ins Bundesgebiet ein, insbesondere auch Kriegsflüchtlinge (vom Balkan und aus dem Nahen Osten) sowie Asylbewerber.
Seit der deutschen Einigung blieb der Wanderungssaldo fast durchgängig positiv, das heißt die Zuzüge überwogen die Fortzüge. Nur 2008 und 2009 wurde ein Wanderungsverlust registriert. Das hatte aber wohl eher mit der Bereinigung der Melderegister nach Einführung der Steueridentifikationsnummer als mit dem realen Wanderungsgeschehen zu tun. Gleich in den folgenden Jahren gingen die Zuwanderungszahlen steil in die Höhe. Dahinter stand nun vor allem die verstärkte Zuwanderung aus den neuen EU-Mitgliedstaaten im Osten Europas sowie der Zustrom von Flüchtlingen aus Syrien und anderen Konfliktregionen. 2015 erreichte die Zahl dieser Ankömmlinge mit 2,14 Mio ihren vorläufigen Höchstwert.
Aber auch danach blieb die Bundesrepublik ein bevorzugtes Wanderungsziel. In der Corona-Pandemie schwächte sich die Zuwanderung 2020 lediglich auf 1,19 Mio ab, doch 2022, nach dem Ausbruch des Kriegs gegen die Ukraine, wurden alle Rekorde gebrochen: 2,67 Mio Menschen – viele auch aus Syrien, Afghanistan und der Türkei – kamen über die Außengrenzen in Deutschland an. Und obwohl viele das Bundesgebiet auch wieder verließen, war der Wanderungsüberschuss mit 1,46 Mio höher als in jedem anderen Jahr seit 1950, dem Beginn der Zeitreihe.
Ausgabe: | 12/2023 |
Produktformat: | eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |