Aufholprozess der ostdeutschen Wirtschaft
Infografik Nr. 230010
Mit dem politischen Umbruch in der DDR 1989/90 kam auch das Ende der zentral gelenkten sozialistischen Planwirtschaft im Osten Deutschlands. Noch vor dem Mauerfall, im Oktober 1989, hatte eine dem Politbüro vorgelegte Bestandsaufnahme die desolate Lage der DDR-Wirtschaft eingestanden. Die Einführung der harten D-Mark am 1.7.1990 versetzte ihr den letzten Stoß. An der grundlegenden Erneuerung der Wirtschaft im Osten führte daher kein Weg vorbei. Die Basis für den Neubeginn wurde in den Jahren 1990 bis 1994 mit der Entflechtung, Sanierung und Privatisierung der ehemals "volkseigenen" Betriebe durch die Treuhandanstalt gelegt. Parallel dazu investierten Bund und Post bzw. Telekom in den Ausbau der Verkehrswege, der Telekommunikation und der wirtschaftsnahen Infrastruktur. Hohe West-Ost-Transferleistungen waren darüber hinaus erforderlich, um die Länder und Gemeinden mit den notwendigen Mitteln auszustatten, Investitionen anzuregen, die sozialen Verwerfungen der steigenden Arbeitslosigkeit aufzufangen und die ostdeutsche Bevölkerung in das soziale System der Bundesrepublik einzubeziehen. Allein im Rahmen des Solidarpakts II erhalten die ostdeutschen Länder und Berlin 2005-2019 mehr als 156 Mrd €, die sie bei der wirtschaftlichen Angleichung an die westdeutschen Bundesländer unterstützen sollen.
Knapp dreißig Jahre nach der Maueröffnung fällt die Bilanz der wirtschaftlichen Erneuerung im Osten aber zwiespältig aus. Zwar machte die Modernisierung der Infrastruktur und der Unternehmen in dieser Zeit große Fortschritte. Der industrielle Wiederaufbau (mit Schwerpunkten in der Automobilproduktion und der Chemie) war durchaus erfolgreich. Grundlegende Schwächen sind aber noch immer nicht überwunden. So deckt die wirtschaftliche Eigenleistung der neuen Länder nur knapp 90 % ihrer Nachfrage nach Konsum- und Investitionsgütern. Die Arbeitslosigkeit ging zwar seit dem Rekordhoch von fast 19 % im Jahr 2005 stetig zurück, war aber 2017 mit 7,6 % immer noch höher als in Westdeutschland (5,3 %). Und der wirtschaftliche Aufholprozess gegenüber dem Westen kommt kaum noch voran, so dass die Erwartung einer weiteren Konvergenz immer häufiger in Frage gestellt wird. In den ersten Jahren nach der Einigung, bis etwa 1995, hatte sich der Leistungsrückstand der neuen Länder im Vergleich zu den westdeutschen Ländern (einschl. Berlin) rasch verringert. Doch 2017 lag das BIP je Einwohner immer noch um ein Drittel niedriger als im Westen. Die Arbeitsproduktivität je Erwerbstätigen stagnierte zuletzt bei 78 % des westdeutschen Vergleichswerts. Da die Löhne der Produktivitätsentwicklung vorauseilten, lagen die gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten stets höher als in Westdeutschland. Dies hatte besonders Anfang der 1990er Jahre schwerwiegende Folgen für den Arbeitsmarkt.
Ausgabe: | 12/2018 |
Produktformat: | Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |