Die deutsche Zahlungsbilanz
Infografik Nr. 394016
Die Zahlungsbilanz einer Volkswirtschaft registriert alle wirtschaftlichen Transaktionen (d.h. den Austausch von Gütern, Dienstleistungen und finanziellen Ansprüchen), die innerhalb eines Jahres zwischen In- und Ausland stattfinden. Grundsätzlich ist zwischen dem Leistungs- und dem Zahlungsverkehr mit dem Ausland zu unterscheiden. Die Leistungsbilanz als Teil der Zahlungsbilanz erfasst alle Bezüge und Lieferungen im grenzüberschreitenden Warenhandel und Dienstleistungsverkehr, die über die Grenzen zu- oder abfließenden Erwerbs- und Vermögenseinkommen (Gewinne, Löhne, Zinsen usw.) und die laufenden Übertragungen („einseitigen“ Leistungen) zwischen In- und Ausland (z.B. Beiträge an die EU oder an internationale Organisationen). Als besonderer Posten neben der Leistungsbilanz werden die „einmaligen“ Vermögensübertragungen wie Schuldenerlasse, Erbschaften oder bestimmte Investitionszuschüsse verbucht.
Der Kapitalverkehr mit dem Ausland – die Aufnahme oder Gewährung von Krediten, die Wertpapiergeschäfte und der Erwerb von Eigentumsrechten an Unternehmen und Grundstücken – schlägt sich in der Kapitalbilanz nieder. Finanziellen Charakter hat auch die Zu- oder Abnahme der Währungsreserven im Bestand der Bundesbank. Definitionsgemäß halten sich beide Seiten der Zahlungsbilanz – die Ergebnisse des Leistungs- und des Kapitalverkehrs – die Waage. In der Praxis bestehen aber stets einige statistische Differenzen, die sich im sogenannten Restposten der Zahlungsbilanz niederschlagen.
In den 1980er Jahren hatte die Bundesrepublik regelmäßig hohe Leistungsbilanzüberschüsse erzielt. Mit der deutschen Einigung veränderte sich ihre außenwirtschaftliche Position fast auf einen Schlag, so dass die Leistungsbilanz 1991 tief ins Minus rutschte. Dieser Umschwung war letztlich damit zu erklären, dass die deutsche Volkswirtschaft in erheblichem Umfang auf ausländische Ressourcen zurückgreifen musste, um den Aufbau in Ostdeutschland zu bewältigen. Erst 2002 verzeichnete die Leistungsbilanz wieder ein Plus, das sich in den folgenden Jahren rasch ausweitete, ehe es sich 2009 in der globalen Wirtschaftskrise auf 141 Mrd € verringerte. Ursache dafür war der scharfe Rückgang der Exporte, die in den Folgejahren aber rasch wieder zunahmen. 2016/17 kletterte der Exportüberschuss auf über 250 Mrd €. Ab 2018 schrumpfte er jedoch. Im Corona-Jahr 2020 sank er mit dem Rückgang der Weltkonjunktur auf 190 Mrd €. Auch 2021 kletterte er trotz der Exportbelebung kaum, da sich nun die Verteuerung der Importgüter auf die Handelsbilanz auswirkte. Das Plus der Leistungsbilanz hielt sich ab 2015 auf hohem Niveau. Nach einem Dämpfer im Jahr 2020 stieg es 2021 wieder auf 265 Mrd €. Dazu trug ein Rekordüberschuss von 73 Mrd € bei den „unsichtbaren Leistungen“ bei – bedingt u.a. durch immer noch niedrigere Tourismusausgaben, hohe Einnahmen aus Lizenzgebühren für Impfstoffe und sprudelnde Erträge aus Vermögensanlagen im Ausland.
Dem Leistungsbilanzüberschuss stand 2021 ein Netto-Kapitalexport von fast 315 Mrd € gegenüber. Ausschlaggebend dafür waren vor allem die Investitionen deutscher Anleger in ausländische Wertpapiere.
Ausgabe: | 12/2022 |
Produktformat: | eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |